Nachhaltigkeit

durch Aktivierung und Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe

Die Welt war noch nie so klein wie heute. Täglich werden wir mit weltweiten Nachrichten versorgt, wir nehmen Anteil, wenn irgendwo die Erde bebt, ein Wirbelsturm einen Landstrich verwüstet oder durch Niederschläge die Flüsse über die Ufer treten. Täglich verzehren wir Lebensmittel aus aller Welt: Mineralwasser aus Frankreich, Butter aus Irland, Kiwis aus Neuseeland, Bananen aus Ecuador, Kaffee aus Costa Rica und der Wein kommt aus Südafrika. Die Kleidung, die wir tragen ist in Asien hergestellt worden, das Auto fährt mit Benzin aus Saudi Arabien und das Erdgas, welches wir von den heimischen Stadtwerken kaufen, kommt eigentlich aus der Ukraine. Unser Leben ist heute weitgehend globalisiert.

 

Bekannt aber verdrängt !

Unsere Welt ist uns zu klein geworden, denn so wie wir derzeit auf unserem Planeten haushalten bräuchten wir bereits heute zwei Planeten. Als im Jahre 1972 von Donella und Dennis L. Meadows das Buch »Die Grenzen des Wachstums«[1] herausgegeben wurde, löste dieses weltweite Entrüstung aus, denn noch erschien die Welt unerschöpflich. In diesem Bericht machen die Mitglieder des »Club of Rome«, gestützt auf Simulationsrechnungen und Modelle, darauf aufmerksam, das bei weiterem ungebremsten Wachstum der Weltbevölkerung sowie der industriellen Produktion die ökologische Tragfähigkeit unseres Globus mittelfristig erreicht wird und die Menschheit in den Untergang stürzen wird.

Spätestens seit der Weltklimakonferenz in Rio de Janeiro 1992 hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass auch die Umweltprobleme globalisiert sind und ein generelles Umdenken sowie die grundlegende Umstellung der Wirtschaftsweise notwendig ist. Sustainability, eine nachhaltige Entwicklung muss angestrebt werden. Die Bedürfnisse der heutigen Generation müssen so befriedigt werden, dass die Bedürfnisbefriedigung der kommenden Generationen nicht gefährdet wird lautet die Definition von Nachhaltigkeit wie sie von der Brundtland Kommission im Jahr 1987[2] formuliert wurde.

 

Aus der Not heraus zum Vorbild ?

Der Gedanke des beständigen, kontinuierlichen und bewahrenden Wirtschaftens des nachwachsenden Rohstoffes Holz und wurde erstmals 1713 von dem Bergmann Hans Carl von Carlowitz[3] niedergeschrieben. Ausgehend von den verheerenden Folgen einer ungeregelten und übermäßigen Nutzung der damaligen Wälder vor allem zur Energieerzeugung, erkannte er, dass ein »weiter so« zur Zerstörung der Lebensgrundlagen führen musste. Es war die Geburtsstunde der geregelten und nachhaltigen Forstwirtschaft.

Der moderne Begriff der Nachhaltigkeit gründet auf der Notwendigkeit das globale System mit seinen komplexen Funktionen und Wirkbeziehungen zu erhalten. Der Mensch hat sich zwar auch dieses mal wieder in das Zentrum der Betrachtungsweise und des Handelns gestellt, aber er diesmal ist er Teil des Systems. Der technokratische Ansatz ist ein für allemal gescheitert, will der Homo sapiens überleben, muss er sich endlich anpassen.

Der moderne Begriff der Nachhaltigkeit hat aber auch eine soziale, eine ethische Komponente. Eine Minderheit lebt immer noch auf Kosten und zu Lasten der Mehrheit der Menschen. Erschwerend ist festzuhalten, dass auch die Folgen der fossilen Raubbau-Wirtschaft wie beispielsweise die Folgen der anthropogenen Klimaveränderung geografisch ungleichmäßig verteilt sein werden. Nicht zu vernachlässigen ist auch die ethische Verantwortung über die Zeit, denn die heutige Generation dieser gerade beschriebenen Minderheit lebt auch noch auf Kosten und zu Lasten der nachfolgenden Generationen, unserer Kinder und Kindeskinder.

 

Was kann ich tun ?

Es wird also höchste Zeit zu Handeln. Doch was kann der Einzelne, die Kommune, der Staat oder die Staatengemeinschaft tun? Wer beginnt, wer muss anfangen?

Wir, die Europäer, wir gehören zu der oben beschriebenen Minderheit, wir haben eine besondere Verantwortung. An Konzepten und Ideen mangelt es nicht und die Werbebranche hat sich längst darauf eingestellt. Unmengen an Produktlabels, Zertifikaten und Kennzahlen wurden entwickelt und längst laufen wir Gefahr, dass wir den Überblick verlieren. Sicher ist, dass es mehrere Handlungsfelder sind, die bearbeitet werden müssen.

Die Erkenntnis, dass jeder Einzelne durch sein Handeln vor Ort einen Beitrag leistet zum globalen Ganzen ist wesentlich, bedeutet es doch im Umkehrschluss, dass wir wiederum auf der lokalen Ebene mit den Änderungen beginnen müssen. Ganz von vorne, ganz von unten beginnend, müssen wir unsere Bedürfnisse überdenken. Bedeutet mehr immer auch mehr Wohlstand? Bedeutet immer mehr und immer schneller, denn tatsächlich auch mehr Zufriedenheit?

»Doppelter Wohlstand — halbierter Naturverbrauch« ist die grundsätzliche Aussage die hinter dem Faktor 4 steckt[4], wobei die Autoren offen lassen wie Sie Wohlstand definieren. Faktor vier ist ein Appell die Energie- und Ressourceneffizienz  zu erhöhen.

Es ist ein Ausblick und bedeutet erst den Anfang [5]

 

[1]       MEADOWS, D. (1972): Die Grenzen des Wachstums - Bericht des Club-of-Rome zur Lage der Menschheit. Stuttgart: Deutsche Verlagsanstalt; 17. Aufl. (2000): 183 S.
[2]       BRUNDTLAND (1987): Report of the World Commission on Environment and Development; United Nations-General Assembly Document A/42/427 — Page 54
[3]       CARLOWITZ; H.C. (1713): Sylvicultura oeconomica, oder haußwirthliche Nachricht und Naturmäßige Anweisung zur wilden Baum-Zucht. Seite 105-106
[4]       Von Weizsäcker, E.U.; Lovins, A.B. und Lovins, H. (1996): »Faktor vier — Doppelter Wohlstand — halbierter Naturverbrauch; Der neue Bericht an den Club of Rome« München: Droemer Knaur Vlg. 9. Auflage
[5]       {Schmidt-Bleek 1998 #4364}